Cannabis zwischen Schatten und Licht – Über die Unterschiede von Schwarzmarkt und Apotheke
Deutsche Cannabiskonsument:innen beschreiten eine diffuse Zwischenwelt, in der legaler Apothekenhandel und illegaler Schwarzmarkt koexistieren. Der Grund: Medizinisches Cannabis ist (nur) als rezeptpflichtiges Arzneimittel erhältlich. Wer zu Genusszwecken Cannabis erwerben möchte, muss die gesetzlichen Schranken untergraben. Doch anstatt Zugang zum gleichen Produkt herzustellen, versammelt der Schwarzmarkt minderwertige Ware und dubiose Streckmittel, um den Bedarf nach Marihuana für sich auszuschlachten. In diesem Beitrag klären wir dich über die größten Unterschiede zwischen Schwarzmarkt- und medizinischem Cannabis auf.
Marihuana Unchained: Sonnabend im Stadtpark
Wer glaubt, Cannabis gäbe es nur in schattigen Hinterhöfen, überschätzt die Strafverfolgung. Kaum ein Schwarzmarktprodukt ist so etabliert wie Cannabis. Es gehört zum Standardrepertoire jedes Stadtparks und wird in heiteren Nächten frei heraus auf der Straße verkauft. Kleine Straßenhändler:innen hätten sich schon dafür ins Zeug zu legen, um für den bloßen Verkauf einiger Buds ernsthafte juristische Konsequenzen zu erleiden. Das soll den Schwarzmarkt nicht verharmlosen, ist jedoch die alberne Realität. Jede:r, der/die mit dem Thema in Berührung kommt, weiß: Die Legalisierung ist nur eine Frage der Zeit. Kein Wunder also, dass sich der Enthusiasmus der Ordnungshüter:innen in Grenzen hält. Diese Stimmung des Legal-werdens-aber-noch-nicht-legal-seins birgt allerdings einige Risiken, die verantwortungsvolle Konsument:innen beachten sollten.
Wer Cannabis auf dem Schwarzmarkt kauft, betritt einen (de facto) rechtsfreien Raum, in dem Intuition und Vertrauen die einzigen Größen sind, die ein Maß an Sicherheit versprechen. Wer über den Tisch gezogen wird, kann keine Ansprüche geltend machen, keinen Schadenersatz einklagen oder gar Schmerzensgeld verlangen. Da sich oft noch für das schlechteste Gras Abnehmer:innen finden lassen, sehen Straßenhändler:innen keine Notwendigkeit, den Ansprüchen von Gelegenheitskund:innen nachzueifern.
Hinzu kommt, dass der Schwarzmarkt den Konkurrenzkampf um das beste Gras gar nicht erst angetreten hat, sondern in zunehmendem Maße um die effizientesten Streckmittel ringt. Dass Verbraucherschutz dabei keine Rolle spielt, versteht sich von selbst. Ferner lässt sich nicht gerade behaupten, der Dreist habe abgenommen, denn die Laissez-faire-Haltung der Justiz animiert einige besonders zweifelhafte Akteur:innen dazu, den Markt mit allen Mitteln zu melken, solange es noch möglich ist. Dabei geht es weniger um den kleinen Dealer an der Ecke (der selten weiß, was genau er verkauft) als um die kriminellen Lieferanten dahinter. Je länger die Legalisierung auf sich warten lässt, desto skrupelloser werden die Methoden.
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Die Apotheke
Auf der anderen Seite erstrahlt das einzige Fachgeschäft, das Cannabis bereits legal vertreiben darf: Die Apotheke. Medizinisches Cannabis durchläuft mehrere Kontrollstationen, wird vor Ort geprüft und von qualifiziertem Fachpersonal verkauft. Es liegen detaillierte Informationen über die Inhaltsstoffe vor und das große Angebot erlaubt die bewusste Auswahl der gewünschten Wirkung. Der gesamte Vorgang ist rechtlich abgesichert und das Wohlbefinden der Konsument:innen nicht nur der Selbsteinschätzung überlassen, sondern auch im Interesse der Apotheke und ihrer legalen Zulieferer. Zudem haben Apotheken (ob im Netz oder ortsgebunden) den schlichten Vorteil, dass Konsument:innen sie jederzeit aufsuchen können. Kein zwielichtiger Kontakt, kein Treffpunkt – einfach nur ein Geschäft, das einen bestimmten Bedarf bedient. Folglich sorgt medizinisches Cannabis schon vor dem Inhalieren für ein entspannteres Gemüt.
Premium Cannabis versus Was-auch-immer
Medizinisches Cannabis unterliegt strengen Prüfverfahren. Das gilt sowohl für Cannabis aus deutschem Anbau, als auch für importierte Ware. Jeder Bud durchläuft einen aufwändigen Apparat aus gesetzlichen Vorschriften, bevor er als fertiges Produkt in der Apotheke ankommt. Der THC- und CBD-Gehalt ist sortenweise etikettiert, die Herkunft ist angegeben und Streckmittel sind im Gegensatz zur Schwarzmarktware ausgeschlossen.
Auf dem Schwarzmarkt weiß am Ende niemand mehr so recht, wo die Ware eigentlich herkommt, ob sie gestreckt wurde oder nicht. Die Wahrscheinlichkeit ist jedoch hoch. Zu den gängigsten Streckmitteln gehören Sand, Glas, Haarspray und eine Substanz namens Brix. Dieser klebrige Kunststoff erzeugt die Illusion besonders frischer Blüten, während er sie gleichzeitig beschwert und mit giftigen Inhaltsstoffen kontaminiert. Gestrecktes Gras wird oft in den früheren Stationen der Lieferkette zubereitet. Ob der Größe der dort gehandelten Chargen können leichte Gewichtsveränderungen die Gewinnspanne erheblich vergrößern. Zwischenhändler:innen und Verbraucher:innen haben das Nachsehen.
Illegales Gras aus Marokko: Die Lieferketten des deutschen Schwarzmarkts sind zu großen Teilen auf Lieferanten aus Marokko zurückzuführen, die erst über Spanien und dann über Frankreich und die Niederlande deutsche Konsument:innen erreichen.
Die Gourmetauswahl der Apotheken
Der legale Cannabishandel birgt einen weiteren Vorteil. Die transparente Logistik – also die schlichte Tatsache, nicht schmuggeln zu müssen – erlaubt einen stetigen Nachschub unterschiedlicher Marihuana-Sorten, aus denen Konsument:innen nach ihrem persönlichen Gusto wählen können. Die zuverlässige Etikettierung überlässt nichts dem Zufall. Auf dem Schwarzmarkt gilt hingegen: Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt. Ob die Wirkung nun gefällt oder nicht. Selbst Zwischenhändler:innen mit größerer Auswahl können nicht versichern, dass ihre Ware auch tatsächlich der angegebenen Sorte (und Wirkung) entspricht.
Medizinischer Nutzen und illegales Gift
Viele Nebenwirkungen, die mit Cannabis assoziiert werden, entstehen erst durch die Versetzung mit Streckmitteln. Dazu gehören Kopfschmerzen durch das Einatmen giftiger Kunststoffe, Lungenschäden durch Glassplitter und schädliche Verbrennungsrückstände, Übelkeit bis hin zum Erbrechen und im ärgsten Fall unmittelbare Vergiftungserscheinungen (zum Beispiel durch Blei). Außerdem kursieren seit jüngerer Zeit sogenannte Cannabinoidmimetika. Dabei handelt es sich um synthetische Drogen, die auf das Produkt aufgesprüht werden, um die Wirkung zu modifizieren. Was nach einem besonderen Rausch klingt, ist potenziell lebensgefährlich. Anders als gewöhnliches Cannabis, umgehen Cannabinoidmimetika die Verträglichkeit des menschlichen Körpers und können Überdosen, Psychosen und Panikattacken herbeiführen.
Die Gefahr von Nebenwirkungen ist bei medizinischem Cannabis deutlich geringer. Im Gegenteil: Die positiven Eigenschaften von Marihuana wirken sich schmerzlindernd und stimmungsaufhellend auf die meisten Konsument:innen aus, helfen bei Schlaflosigkeit und regen den Appetit an. Wer sein Gras nicht raucht, sondern im Vaporizer inhaliert oder zu Plätzchen verarbeitet, umgeht zudem die schädlichen Effekte des Rauchens. In Absprache mit Ärzt:innen und Apotheker:innen können Konsument:innen bereits im Vorhinein eine geeignete Dosis finden, um die optimale Wirkung für sich zu erzielen.
Aber der Schwarzmarkt ist günstiger, oder?
Trotz der horrenden Qualitätsunterschiede liegen medizinisches Cannabis und Schwarzmarktcannabis in der Preisfrage vielerorts gleichauf. Die durch Maßnahmen zur Qualitätskontrolle entstehenden Kosten gleicht der legale Markt durch Flexibilität und ein deutlich höheres Produktionsvolumen aus. Der Schwarzmarkt muss sein Produkt, an den Augen der Justiz vorbei, erzeugen, transportieren und verkaufen. Der legale Markt kann im industriellen Maßstab anbauen, die Ware liefern, wohin er möchte und unkompliziert an Apotheken und Konsument:innen vertreiben.
Der enorme Wettbewerbsvorteil des legalen Cannabismarktes wird dieser Tage nur durch die Teilbeschränkung auf den Verkauf zu medizinischen Zwecken im Zaum gehalten. Mit dem fortschreitenden Legalisierungsprozess werden die Kapazitäten der Cannabisproduzenten weiter zunehmen und den Schwarzmarkt verdrängen.
Hochwertiges Gras für alle: In Kanada dauerte es nach der Legalisierung des Verkaufs von Cannabis zu Genusszwecken nur zwei Jahre, ehe der Schwarzmarkt für die inländische Cannabisversorgung fast gänzlich an Bedeutung verlor.